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Rimonabant geht, Orlistat bleibt, Tesofensin kommt

Veröffentlicht am 27. Oktober 2008 von

Der Donnerstag der letzten Woche war ein Tag der interessanten Meldungen. Wie hier am Freitag im Blog zu lesen, empfahl die Europäische Arzneimittelagentur (EMEA), die Zulassung für Acomplia® mit dem Wirkstoff Rimonabant ab sofort ruhen zu lassen. Ein Jahr nachdem sich bereits die US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA gegen Acomplia® ausgesprochen hatte, wird der Verkauf nun auch in Europa gestoppt.

Daneben ging fast unter, dass zeitgleich in einer anderen Pressemeldung der EMEA zu lesen war, dass sie analog zur FDA die rezeptfreie Abgabe von Xenical® befürwortet. Das Mittel mit dem Wirkstoff Orlistat soll zukünftig – wie bereits seit 2007 in den USA – für die Selbstmedikation in einer Dosis von 60 statt 120 mg erhältlich sein, um Erwachsene bei einer diätetischen Abnahme zu unterstützen. Trotz Wegfall der Rezeptpflicht sollten Patienten sich aber auch weiterhin ärztlich untersuchen lassen. Zudem rät die EMEA, das Mittel erst ab einem BMI von 28 oder darüber anzuwenden.

Die dritte Neuigkeit gab an jenem Donnerstag das skandinavische biopharmazeutische Unternehmen NeuroSearch in einer Pressemitteilung bekannt: In der online-Ausgabe von The Lancet waren am 23. Oktober 2008 die ersten Studienergebnisse eines neuen Wirkstoffs gegen Übergewicht nachzulesen. Mit Tesofensin, so der Studienleiter Arne Astrup von der Universität Kopenhagen, ließe sich in sechs Monaten doppelt soviel abnehmen wie mit einer der beiden anderen zentral wirksamen Substanzen, Sibutramin (Bestandteil von Reductil®) und Rimonabant (als Acomplia® damals noch verfügbar).

Dabei stammt Tesofensin aus der Alzheimer- und Parkinsonforschung. Der Wirkstoff hemmt in bestimmten Gehirnbereichen die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Serotonin, so dass deren Wirkung verstärkt anhält. In diesen Studien stellte sich als Nebeneffekt heraus, dass die Teilnehmer ohne Veränderung ihrer Essgewohnheiten an Gewicht abnahmen, wenn sie Tesofensin erhielten.

Das Team um Astrup wartet nun auf den Start der Phase-III-Untersuchungen. Erst nach deren erfolgreichem Abschluss kann NeuroSearch als Hersteller von Tesofensin bei der zuständigen Arzneimittelbehörde die Zulassung beantragen. In dem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass Astrup bezahlter Berater von NeuroSearch ist und auch Aktien des Unternehmens besitzt – zwar laut NeuroSearch nur 966 (aktueller Wert: knapp 19 000 Euro) von insgesamt 15,74 Millionen Stück, aber eine erfolgreiche Markteinführung käme daher auch Astrup zu Gute.

Andere Forscher, so war in den letzten Tagen ebenfalls zu lesen, warnen aber bereits vor zu viel Euphorie. Auch Tesofensin habe Nebenwirkungen, und im aktuellen Fall von Acomplia® zeige sich wieder, dass diese gegenüber den positiven Wirkungen auf das Körpergewicht überwiegen. Zudem sei nicht zu vergessen, dass es nicht nur auf die Gewichtsabnahme, sondern vielmehr auf das langfristige Halten des neuen Körpergewichts ankomme. Hierzu müssten erst weitere Daten mit Tesofensin abgewartet werden.

Zumindest lässt sich bei all der Diskussion um Tesofensin festhalten, dass interessanterweise auch hier wieder das Dopaminsystem eine Rolle spielt, wenn es um Übergewicht und dessen Verringerung geht – siehe dazu auch den Blog-Beitrag vom 14. Oktober 2008.

LITERATUR:
Astrup A et al. (2008). Effect of tesofensine on bodyweight loss, body composition, and quality of life in obese patients: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. The Lancet DOI:10.1016/S0140-6736(08)61525-1
http://www.thelancet.com/

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