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Wie Dopaminrezeptoren das Körpergewicht beeinflussen

Veröffentlicht am 14. Oktober 2008 von

Die amerikanischen Forscher Nora Volkow und Gene-Jack Wang beschäftigen sich schon sehr lange nicht nur mit den Gehirnen von Suchtkranken, sondern auch mit den neuronalen Stoffwechselveränderungen bei Adipösen. In beiden Fällen sind es insbesondere die Dopamin-D2-Rezeptoren, die die Suchtreaktionen auslösen. Sinkt ihre Anzahl, steigt das Verlangen nach der Droge – sei es nun Kokain oder Essen. Das dann folgende „Überessen“ ist umso stärker, je niedriger der D2-Rezeptorspiegel ist. So verwundert es nicht, dass Wang im Gehirn adipöser Personen mit steigendem BMI immer weniger D2-Rezeptoren fand.

In ihrer aktuellen Studie untersuchten Volkow und Wang bei stark Adipösen nicht nur den D2-Rezeptorspiegel im Corpus striatum, das zum sogenannten Belohnungssystem gehört, sondern auch die Gehirnaktivität im dorsolateralen präfrontalen Kortex. Dieser Gehirnbereich ist unter anderem für die kognitive Kontrolle des Verhaltens zuständig. Schon frühere Studien konnten zeigen, dass bei Adipösen schwächere Reaktionen in diesem Bereich mit übermäßigem Essen einhergehen. Die beiden Forscher vermuteten daher, dass die Vorgänge in beiden Gehirnarealen zusammenhängen und so letztlich zu Übergewicht führen.

Ihre Ergebnisse scheinen nun diese Theorie zu bestätigen. Zum einen wiesen die untersuchten Adipösen gegenüber den normalgewichtigen Kontrollpersonen signifikant niedrigere D2-Rezeptorspiegel auf. Zum anderen verringerte sich mit abnehmender D2-Rezeptorzahl auch die Aktivität im dorsolateralen präfrontalen Kortex. Damit fällt laut Volkow und Wang die Kontrolle über das Essverhalten weg, die gerade Adipöse aufbringen müssten, wenn sie ihre Nahrungszufuhr zwecks Gewichtsabnahme einschränken wollen.

Ein niedriger Spiegel an D2-Rezeptoren entsteht, wenn zuviel Dopamin wiederholt ausgeschüttet wird. Diese „Downregulation“ der Rezeptoren sehen Volkow und Wang wie beschrieben nicht nur bei Drogenmissbrauch, sondern auch als Reaktion auf übermäßiges Essen. Ferner kann eine genetische Komponente beteiligt sein: Das Taq 1 A-Allel scheint bei Adipösen mit einer verminderten Anzahl von D2-Rezeptoren im Gehirn einherzugehen. Um trotzdem eine erwünschte Dopaminausschüttung zu erlangen, führt dieser Zustand laut Wang zu suchtähnlichem Essen und schließlich zu Übergewicht.

Vor diesem Hintergrund fordert Volkow in ihrer Funktion als Direktorin des amerikanischen National Institute of Drug Abuse, dass solche Formen der Adipositas als „brain disorders“ anerkannt werden. Verhaltensweisen wie suchtähnliches Essen sowie das Verlangen nach Essen entsprechen laut Volkow den Kriterien für Substanzabhängigkeit und beruhen auf denselben Gehirnfunktionen, besonders im dopaminergen System.

An dieser Stelle ist zu hoffen, dass sich auch die Adipositas-Experten zukünftig neben den endokrinen Problemen verstärkt dem „adipösen Kopf“ widmen – und diesen nicht weiter den Kollegen aus der Drogenforschung überlassen.

LITERATUR:

Volkow et al. (2008). Low dopamine striatal D2 receptors are associated with prefrontal metabolism in obese subjects: Possible contributing factors .NeuroImage 42:1537-1543
http://www.sciencedirect.com/science/journal/10538119

Volkow ND und O’Brien C P (2007). Issues for DSM-V: Should Obesity Be Included as a Brain Disorder? Am J Psychiatry 164(5): 708-710.
http://ajp.psychiatryonline.org/index.dtl

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