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Qualifikationsnachweis wichtig – auch in der Gesundheitspolitik

Veröffentlicht am 7. Mai 2009 von

BundestagUnsere aktuelle Gesundheitspolitik konfrontiert die Ärzteschaft mit einer Reihe komplizierter Gesetze, die erst auf den Weg gebracht, dann reguliert – um über kurz oder lang wieder de-reguliert, oder letztendlich durch neue Gesetze ersetzt zu werden. Seit Januar ist die letzte Stufe des GSK-WSG (Wettbewerb-Stärkungsgesetz) umgesetzt, der Gesundheitsfond ist etabliert und mit dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (morbi RSA) geschmückt worden. Die zwingend notwendige Erhöhung des einheitlichen Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenkassen wurde etabliert, jedoch nicht ohne – der Wirtschaftskrise geschuldet – vorher wieder abgesenkt zu werden.

Gestärkter Wettbewerb unter staatlichem Dirigismus? Das schließt sich doch aus, sollte man denken. Nach dem Motto: „Rette sich wer kann“ ziehen sich viele Kollegen in die Arztflucht ins Ausland zurück, weil als ausgewiesene Gewinner dieser Situation allein die Kassen erkannt werden. Die Freiberuflichkeit des Arztes wird zur Farce, weil Verträge zum ärztlichen Handeln, zur ärztlichen Leistung und der Leistungshonorierung oktroyiert werden. Weltweit einzigartig ist es, die wirtschaftliche Verantwortung einer verfehlten Gesundheitspolitik allein den Ärzten anzulasten. Wen wundert es da noch, dass der ärztliche Versorgungsauftrag hierzulande zum Erliegen kommt.

Schuldig am Geldmangel ist nach Ansicht der Politiker vor allem der medizinische Fortschritt und die reziproke Bevölkerungsentwicklung. Deshalb wird der Arzt gezwungen den Kürzungen und Ausfällen seines Einkommens zuzustimmen, die Finanzierungsnöte seiner Praxis zu ignorieren und er sollte sich am besten selbst (weg-)rationieren. Dem Wirtschaftlichkeitsgebot wird er in erster Linie verpflichtet, und nicht etwa seinem eigenen Anspruch zu ärztlichem Handeln oder der Gesundheit seines Patienten, der von der Politik nur zu gerne in die Ecke des „Leistungs-Nassauers“ verfrachtet wird.

Welche der gesundheitspolitischen Neuerungen können wir denn schon als Erfolgsmodell verbuchen?

  • Die Hausarzt-zentrierte Versorgung als Monopol?
  • Besondere ambulante Versorgungsnetze der Facharztgruppen?
  • Die schwierigen Rahmenbedingungen der Integrierten Versorgung?

Welchen Nutzen zieht der Patient aus solchen Versorgungs-Artefakten, die von der Monetik regiert sind?

Professor Eberhard Wille, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, versucht während der Veranstaltung zum „Status Quo GKV-WSG“ in der Landesärztekammer Hessen, eine Differenzierung des Dilemmas.

Eine faire Chance zum Wettbewerb hätten die Kassen, wenn sich dieser zielorientiert an Effizienz und Effektivität orientieren würde.

Die aktuelle Situation gibt aber den Krankenkassen mit der größten Marktmacht die besten Chancen im Wettbewerb. Als Wettbewerbsinstrument gelten nur die Mehreinnahmen, die der Versicherte alleine trägt. So funktioniert die angestrebte bessere Durchmischung der Patienten in den Kassen nicht.

Selektive Verträge mit MVZ oder Ärzteverbänden verursachen hohe Transaktionskosten, ein einheitliches Qualitätsniveau ist nicht gefragt und die Konzentrationsprozesse werden intensiviert. „Es besteht dringender Handlungsbedarf im Kontext der jüngsten Gesetze“, so Wille, und warnte vor Interdependencen zwischen Rabattverträgen und Regulierungsinstrumenten im GKV-Arzneimittelmarkt. Die Verhandlungen finden zwischen Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung auf Landesebene statt, die den Leistungserbringer, nämlich den Arzt, außen vor lässt und den propagierten Wettbewerb per se stark einschränkt.

Ach ja, jeder Arzt muss jährlich 250 Fortbildungspunkte als Qualifikationsnachweis erbringen. Wozu? Um seine aufgehobene Therapiefreiheit zu verwalten oder sich auf die wirtschaftliche Verantwortung zu besinnen, die ihm aufgebürdet ist !? Um im medizinischen Mittelalter zu agieren, bedarf es wohl keiner Fortbildung.
Mal ganz ehrlich: wer hat eigentlich den Politikern den Qualifikationsnachweis für gesundheitspolitische Entscheidungen ausgestellt?

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