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IQWiG-Analyse widerspricht jeder Realität

Veröffentlicht am 14. Juli 2009 von

Fehlerhafte Selektion liefert verzerrte Daten

questionmDie Unterstellung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen langwirksamen Insulinanaloga und erhöhter Karzinominzidenz durch eine Auswertung des IQWiG gehört nach Meinung von Experten zu den wissenschaftlich nicht akzeptablen Publikationen.

Diabetes und Übergewicht erfordern eine breite internistische Kompetenz, weil Herzinfarkt, Schlaganfall und auch die Karzinomrate in diesem Kollektiv per se erhöht sind. Insofern handelt das Institut aus Köln ihren eigenen Anforderungen für wissenschaftliche Publikationen entgegen, in denen sie nur saubere Studien mit klarer Fragestellung und vergleichbaren Gruppen akzeptiert.

Diese Meinung vertraten die Experten einer Diskussionsrunde, die sich mit allen diesbezüglichen Studien auseinandersetzten, auf der Suche nach dem Wahrheitsgehalt der Publikation des IQWiG: Der Moderator der Diskussionsrunde stellte britische, schwedische und schottische Studien vor, die exakt der Fragestellung erhöhter Karzinominzidenz durch langwirksame Insulinanaloga nachgingen. Während die britische Studie keinerlei Assoziation von Tumor und Insulinanaloga registrierte, zeigte das schwedische Register ein diesbezügliches Signal, das die Autoren selbst als zufällige Schwankungen interpretierten. In der schottischen Studie ließ sich wiederum keine erhöhte Karzinominzidenz durch Insulinanaloga ermitteln.

Kaffeesatzlesen statt Wissenschaft

Nimmt man ein gut ausgewähltes Kollektiv, erhält man auch valide Daten, sagte Professor Peter P. Nawroth aus Heidelberg, nach dessen persönlicher Einschätzung die willkürliche Gruppenauswahl der IQWiG-Publikation in den Bereich des Kaffeesatzlesens gehört. Ein Vergleich zwischen Humaninsulin bei einer Gruppe aus Typ-1- und Typ-2-Diabetikern mit einer Gruppe ausschließlicher Typ-2-Diabetiker mit langwirksamen Insulin-analoga (Lantus®) kann keinesfalls akzeptiert werden, wenn Rauchen und Übergewicht als wichtige Risikoparameter für Karzinome nicht adjustiert werden.

Hohes Krebsrisiko durch Übergewicht

Naturgemäß findet sich im Kollektiv der Typ-2-Diabetiker eine hohe Rate Adipöser, die per se ein bis zu vierfach erhöhtes Karzinomrisiko haben; unabhängig davon ist die Analyse einfachen AOK-Datenmaterials für epidemiologische Studien absolut nicht geeignet, so Professor Nawroth.

Insofern entspricht die publizierte Untersuchung einer Verzerrung durch Selektion, weil eine sehr heterogene Gruppe mit Humaninsulin ausgewählt wurde, während das Lantus®-Kollektiv erhebliche Unterschiede in der Verordnung von oralen Diabetika und anderen wesentlichen Parametern aufwies. Für Sulfonylharnstoffe ist seit langem eine erhöhte Karzinominzidenz bekannt, so Professor Hans-Ulrich Häring aus Tübingen.

Publikation für klare Aussagen ungeeignet

„Kaum geeignet ist die Arbeit um Hypothesen zu generieren, völlig ungeeignet ist sie, um konkrete Aussagen zu treffen“, so Professor Häring, der die Publikation des IQWiG als absolut unwissenschaftliches Verhalten apostrophierte.

In der Analyse der Rohdaten, die das IQWiG zugrunde gelegt hat, ist die Karzinominzidenz niedriger, und bei richtiger Adjustierung zeigen sich für Insulin glargin sogar Vorteile. Allein die Dosisadjustierung verändert die gesamte Analyse und wird zum Nachteil des Analogons herangezogen. Die Tatsache, dass Adipöse ein erhöhtes Karzinomrisiko aufweisen, und meist höhere Insulindosierungen brauchen, rechtfertigt keineswegs die direkte Korrelation der Dosis mit der Karzinominzidenz, so Professor Gerhard Ehninger aus Dresden, der die Vernachlässigung der wichtigsten Risikofaktoren für Karzinome, nämlich Rauchgewohnheiten und Übergewicht, als absolut unprofessionell bezeichnete.

Eine Dosis-Wirkungs-Beziehung herzustellen konnte nur gelingen, weil diese nicht auf den BMI adjustiert wurde, so Professor Häring. In der schwedischen Studie wurde diese Adjustierung vorgenommen und keinerlei Dosis-Wirkungs-Beziehung der Insulintherapie mit der Karzinominzidenz gesehen.

Dosis nur mit BMI korrelierbar

Da der BMI in der Kölner Analyse unberücksichtigt blieb, ist die gesamte Auswertung schlicht und einfach falsch, urteilte der Tübinger Wissenschaftler.

Keiner der Wissenschaftler, die an der Diskussion teilnahmen, sah durch die IQWiG-Publikation auch nur die geringste Veranlassung zur Änderung der Lantus®-Verordnungen, und Professor Ehninger schloss mit den überzeugenden Worten: „Wenn ein primär politisch angestellter Autor Daten veröffentlicht, die entgegen jeglicher Realität der wissenschaftlichen Medizin stehen, muss die Frage gestattet sein, in welchem Interesse die Veröffentlichung dieser falschen Daten erfolgt?“

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