Nur Bäume wachsen mit Jahresringen
Veröffentlicht am 28. Juli 2014 von SRett
Unter dem Titel „Die dicken Kinder von Shanghai“ thematisiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) die
Fettsucht in den Schwellenländern, und zwar nicht im Gesellschafts- oder Gesundheitsteil, sondern in den Wirtschaftsnachrichten. Typisch für die Schwellenländer sei, dass mit dem Wohlstand offensichtlich der Appetit und damit der Bauchumfang wachse, und „die Armen immer dicker werden“.
In diesem Artikel erfährt der Leser, dass das Pekinger Hauptamt für Körperkultur und Sport 40.000 Chinesen in der Altersklasse zwischen 20 und 39 Jahren untersucht und herausgefunden hat, dass jeder Zehnte in diesem Kollektiv übergewichtig ist. Insgesamt ist die Rede von einem Drittel der Chinesen, die als übergewichtig bis fettleibig eingestuft werden. Insbesondere bei den chinesischen Kindern und Jugendlichen soll die Rate der Fettleibigen exponentiell ansteigen.
Ist das ungefähr so interessant wie der berühmte Sack Reis, der irgendwo in China umfällt? Außerdem ist Peking ja ziemlich weit weg, und wir sind kein Schwellenland und haben schließlich das beste Gesundheitssystem auf der ganzen Welt.
Warum also weiterlesen? Weil man sonst die nachfolgende Hammernachricht verpassen würde! Der chinesische Nahrungsmittelkonzern YUM (Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut, Taco Bell) wird mit dem prophetischen Slogan zitiert: „Wir glauben, dass China für den Restaurantmarkt des 21. Jahrhundert die größten Wachstumschancen bietet “, mit einer Zielgruppe als consuming class, die sich von aktuell 300 Millionen Menschen bis zum Jahr 2020 auf 600 Millionen verdoppelt“. So verfüttert Kentucky Fried Chicken bereits jetzt in fast 5000 „Restaurants“ in China seine Produkte an diese wachsende consuming class, während der Wachstumsmarkt für diesen Lebensmittelriesen in den USA bei 4.500 Restaurants stagniert.
Amerikanische Verhältnisse? Machen wir uns nichts vor: Wir Deutschen sind im Durchschnitt nicht viel schlanker als unsere amerikanischen Freunde. Wir werden von den gleichen Markt- und Marketingstrategen mit den gleichen gigantischen Werbeetats als leicht zu beeinflussende und zahlungswillige Zielgruppe betrachtet. Mit dem von Frau Merkel propagierten „gesunden“ Wirtschaftswachstum steigt auch bei uns die Rate der Adipösen unter den Kindern und Jugendlichen exponentiell an. Hierzulande sind die Armen und sozial Benachteiligten bereits dicker als die wohlsituierten Reichen. Dass wir die ständig verfügbaren Fertigmahlzeiten angeblich besser vertragen als die Chinesen, ändert absolut nichts an dem Grundproblem.
Wir Europäer haben ebenso wie die Chinesen eine eigene, regional variable Esskultur. Besinnen wir uns doch darauf! Und Überhaupt: was hat die Marketingstrategie von YUM eigentlich mit unserem Gesundheitssystem zu tun?
Lassen wir es nicht soweit kommen, dass die hiesigen Airlines die Ticketpreise streng nach Gewicht berechnen,
was bei Samoa Air bereits der Falle ist, oder dass die Sitze in den Flugzeugen ausgetauscht und verbreitert werden müssen, wie eine chinesische Nachricht vor einiger Zeit verlauten lies.
In diesem Sinne: nur die Bäume wachsen mit Jahresringen!
Ihr Professor Dr. Kristian Rett