Adipositas Blog

der Adipositas Stiftung Deutschland

Ernährung paradox

Veröffentlicht am 17. März 2009 von

Crop(Gießen) Während auf der Welt mehr als 1,3 Milliarden Menschen Hunger leiden und täglich vom Hungertod bedroht sind, sind rund 1,6 Milliarden Menschen übergewichtig oder sogar adipös. Auch in Ländern, in denen die Menschen weiterhin an Unterernährung leiden, sind Übergewicht und deren Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 auf dem Vormarsch.

Die globale Herausforderung für Ernährung und Landwirtschaft besteht in der ausreichenden Versorgung einer wachsenden Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. Sie steht aber auch vor der Beantwortung der Frage, wie sich die Qualität von Nahrung ändern muss, damit in einem globalisierten Nahrungsmittelangebot das Problem der vermehrten Kalorienzufuhr gelöst wird. So liegt nach Professor Barry Popkin von der University of South Carolina die pro Kopf Energieaufnahme in Europa und den USA 20 bis 30 mal höher als in Indien. Während auch in unseren Regionen noch vor 100 Jahren das tägliche Essen aus natürlichen Nahrungsbestandteilen und die Getränke vorwiegend aus Wasser bestanden, hat sich mit Beginn der fünfziger Jahre die Biologie der Nahrungsproduktion verändert. Die moderne Nahrungsmittelproduktion zeichnet sich nach Professor Popkin dadurch aus, dass sie mit Fett- und Zuckeradditiva den Energiegehalt unserer Ernährung unangemessen erhöht. Hinzu kommt der Konsum hochkalorischer Softdrinks, mit dem das Risiko einer Adipositas und metabolischen Syndroms stark ansteigen.

Die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten wird in den nächsten Jahrzehnten weiter wachsen, weil auch die Weltbevölkerung stetig wächst. Allerdings erfolgt dieses Wachstum nicht gleichmäßig. Während die Bevölkerung in den Entwicklungsländern rasch zunimmt, nimmt sie in den westlichen Industrieländern ab. Auch die Verteilung landwirtschaftlich nutzbarer Flächen ist ungleichmäßig. In China haben die beackerbaren Flächen bereits ihre Grenzen erreicht und in anderen Regionen limitiert die Verfügbarkeit von Wasser die Nutzung zusätzlicher Flächen, insbesondere im Nahen Osten, in Afrika und Asien. Kritische Stimmen warnen daher, dass bereits heute die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen nicht ausreichen, um die Weltbevölkerung ausreichend zu ernähren. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist es, die Nachernteverluste zu vermeiden. So geht heute z.B. durch Transport- und Lagerfehler rund 30 Prozent der Reisernte verloren.

Während in vielen Ländern existenzielle Ernährungsprobleme zu lösen sind, sind es in Deutschland quasi Luxusprobleme, allerdings mit durchaus dramatischen Auswirkungen auf die Volksgesundheit, die die Ernährungsexperten herausfordern. Der Ernährungsbericht 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat gezeigt, dass frühkindliche Prägung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter das spätere Essverhalten nachhaltig beeinflussen. Während die Energieaufnahme über die Ernährung deutlich zugenommen hat, lässt die Qualität der Nahrungszufuhr deutlich zu wünschen übrig. Insbesondere im Alter kommt es häufig zu Mangelerscheinungen mit der Nahrungsaufnahme. Auf dem 46. Wissenschaftlichen Kongress der DGE in Gießen werden daher in Leitlinienkommissionen Standards für die Schulverpflegung und für die Verpflegung älterer Menschen entwickelt, die im Herbst veröffentlicht werden soll.

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